Tankdeckel abgerissen – wer haftet?
Ein BMW-Fahrer fährt in die Waschanlage, befolgt alle Hinweise – und steht am Ende mit einem beschädigten Fahrzeug da. Doch der BGH sieht die Verantwortung woanders. Was das Urteil für Betreiber und Kunden bedeutet.
er VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat erneut über einen Schadensfall in einer Autowaschanlage entschieden. Anders als in einem früheren Fall, in dem dem geschädigten Kunden Schadensersatz zugesprochen wurde, lehnte der BGH im aktuellen Verfahren eine Haftung der Betreiberin ab.
Im Mittelpunkt des Falls stand ein Fahrer eines BMW X3, der eine Waschstraße der beklagten Betreiberin nutzte. Wie alle Fahrzeuge dieser Baureihe verfügt das Auto über einen Tankdeckel ohne Verriegelungsmechanismus.
Am Eingang der Anlage war gut sichtbar darauf hingewiesen worden, dass die Bedienungshinweise des Fahrzeugherstellers zu beachten seien. Zusätzlich informierte ein Schild: „Tank- und Wartungsklappen müssen sicher verriegelt sein. Nummernschilder müssen vorschriftsmäßig und sicher befestigt sein.“
Trotz dieser Hinweise wurde dem BMW während des Waschvorgangs der Tankdeckel abgerissen, wodurch ein Schaden am Fahrzeug entstand. Der Fahrer forderte daraufhin rund 1.500 Euro Schadensersatz.
Während das Amtsgericht Bonn der Klage zunächst stattgab, hob das Landgericht Bonn dieses Urteil später auf. Schließlich landete der Fall beim BGH – mit dem Ergebnis: Die Betreiberin muss nicht für den Schaden aufkommen.
Tankdeckel und Spoiler sind nicht vergleichbar
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verweist in seiner aktuellen Entscheidung auf das Urteil vom 21. November 2024 (Az. VII ZR 39/24). In diesem früheren Fall hatte eine Waschanlage einem Fahrzeug den Heckspoiler abgerissen. Trotz eines deutlichen Hinweisschilds mit dem Wortlaut „Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“ bejahte der BGH eine Haftung des Anlagenbetreibers.
Die Begründung: Fahrzeughalter dürfen grundsätzlich darauf vertrauen, dass serienmäßig verbaute Bauteile ihres Fahrzeugs bei ordnungsgemäßer Nutzung einer Waschanlage keinen Schaden erleiden. Der Kläger konnte laut Gericht „berechtigt darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug so, wie es ist, also mitsamt den serienmäßig außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen werde“.
Im nun entschiedenen Fall eines abgerissenen Tankdeckels kam der BGH zu einer gegenteiligen Bewertung. Anders als im Spoiler-Fall liege hier keine Verletzung einer nebenvertraglichen Schutzpflicht gemäß §§ 631, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB vor. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz.
Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Ursache des Schadens nicht im Obhuts- oder Gefahrenbereich der Anlagenbetreiberin lag. Vielmehr sei der Tankdeckel während des Waschvorgangs durch äußeren Druck geöffnet worden – eine Folge der technischen Konstruktion des BMW X3, bei dem der Tankdeckel nicht verriegelbar ist. Die Verantwortung für diese besondere baureihenspezifische Ausführung liege nicht bei der Betreiberin der Waschanlage.
Bei ordnungsgemäßem Betrieb der Anlage besteht keine Verpflichtung zu einem konkreten Warnhinweis.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist der klagende BMW-Fahrer seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer Pflichtverletzung der Waschanlagenbetreiberin nicht nachgekommen. Eine Fehlfunktion der Anlage konnte nicht festgestellt werden. Zudem habe die Betreiberin durch das gut sichtbare Hinweisschild ihre Informationspflicht erfüllt.
Ein darüber hinausgehender Hinweis, dass es andernfalls zu Fahrzeugschäden kommen könne, sei nicht erforderlich gewesen, da dies im konkreten Zusammenhang als allgemein bekannt vorausgesetzt werden könne.
Auch eine spezielle Hinweispflicht auf die fehlende Verriegelungsmöglichkeit des Tankdeckels beim BMW X3 – ein typisches Merkmal dieser Baureihe – sah der BGH nicht. Vielmehr obliege es dem Fahrzeugnutzer, die Hinweise vor Ort zur Kenntnis zu nehmen und zu entscheiden, ob die Nutzung der Anlage mit seinem Fahrzeug technisch unbedenklich sei.
Ob eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, wenn der Betreiberin die besondere Konstruktion des Tankdeckels im konkreten Fall bekannt gewesen wäre, ließ der VII. Zivilsenat offen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts konnte der Kläger eine solche positive Kenntnis zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht nachweisen.